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«Münchenstein ist meine Heimat, mit der mich viele Erinnerungen verbinden» || Wochenblatt, 02.10.2014
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Jean-Paul Brodbeck aus Münchenstein gibt am Samstag mit seinem Trio im Rahmen des Programms der Kulturkommission erstmals in der Trotte ein Konzert. Das Wochenblatt hat mit dem Pianisten gesprochen.

Wochenblatt: Am Samstagabend treten Sie mit Ihrem Trio und dem Spezialgast Domenic Landolf, Saxofon, in der Trotte auf. Fühlen Sie sich etwas wie «der heimkehrende verlorene Sohn»?
Jean-Paul Brodbeck: Das würde ich so gar nicht sagen. Münchenstein ist meine Heimat, mit der mich viele Erinnerungen verbinden. Es ist eher ein herzliches Zurückkommen. Und dass ich im Rahmen des Kulturprogramms auftreten kann, ehrt mich natürlich.

Sie machten mit zehn Jahren erste Versuche auf dem Klavier. Als Sie 15 waren, lud Sie Lionel Hampton auf die Bühne ein, um mit ihm zu «jammen». Wie kam es dazu?
Jean-Paul Brodbeck: Lionel Hampton wurde in Basel jeweils vor seinen Konzerten zu einem Ständchen empfangen, wo ich als Pianist mitspielte. Im Konzert im Casino erkannte mich Hampton im Publikum wegen meiner Baseballmütze und holte mich spontan auf die Bühne, wo ich den Pianisten ersetzte und einen Boogie-Woogie spielte. Ich war natürlich mächtig stolz. Als ich im nächsten Jahr wieder spielen sollte, war ich schon sehr viel nervöser. Vor zwei Jahren habe ich jenen Pianisten in New York getroffen und die
Geschichte zum Vergnügen beider nochmals erzählt.

Sie haben bei Hans Feigenwinter in Basel Jazz studiert und mit sehr vielen Jazz-Koryphäen musiziert. Was muss man neben hinreichender Technik und Rhythmusgefühl mitbringen, um neben Lionel Hampton, Herbie Mann oder Billy Hart bestehen zu können?
Jean-Paul Brodbeck: Den «Drive» hatte ich schon immer. Es braucht den gewissen Funken, was den Rhythmus betrifft. Man muss auch eine Persönlichkeit entwickeln und verschiedene Positionen einnehmen können. Als
Pianist ist man meistens Begleiter, wobei man auch die Fähigkeit besitzen sollte, den solistischen Klang zu entwickeln.

Was ist Ihnen in Ihrer pädagogischen Arbeit als Dozent an der Musikhochschule Luzern besonders wichtig?
Jean-Paul Brodbeck: Ich versuche, den Studenten die Grundlagen und das Feuer für den Jazz zu vermitteln. Die Tätigkeit als Musiker ist ein praktischer Beruf, was bei der heutigen Theorielastigkeit oft vergessen geht. Wir müssen die Menschen auf ihrem Weg begleiten. Wer das offizielle Aufnahmeverfahren bestanden hat, bleibt in der Regel bis zum Schluss. Später auf dem Musikmarkt zu bestehen, ist kein leichtes Unterfangen, die meisten finden ihren Platz an einer Musikschule.

Ihr Vater, Dölf Brodbeck, ist alt Landrat. Sie kommen also aus einem politisch engagierten Umfeld. Hat das auf Sie abgefärbt?
Jean-Paul Brodbeck: Nicht wirklich. Natürlich bin ich politisch interessiert, aber mehr auch nicht. Meine Mutter war Künstlerin und ziemlich apolitisch. Mein Vater ist immer noch aktiv. Zu erwähnen ist, dass ich durch die politische Arbeit meines Vaters viele Leute kennen gelernt habe.

Welche Art von Musik dürfen die Besucher am Samstagabend erwarten?
Jean-Paul Brodbeck: Wir spielen hauptsächlich Standardwerke aus dem Great American Songbook, das heisst Melodien aus den 30er- und 40er-Jahren, etwa von Gershwin oder Cole Porter. Es ist melodischer moderner Jazz in der Tradition des Bebop, der den Swing ablöste und die Grundlage des modernen Jazz ist.

Thomas Brunnschweiler

Meine Kulturwoche || Kulturtipp, 15/2013


kulturtipp 15/2013 vom 13. Juli 2013 | aktualisiert am 15. November 2013

von Frank von Niederhäusern, Redaktor kulturtipp

Die Festspiele Zürich haben mich für einen Beitrag zum Schwerpunkt «Wagner meets Jazz» angefragt. Diesen spiele ich am 14.7. im Museum Rietberg. Deshalb beschäftige ich mich zurzeit stark mit dem Komponistengiganten Richard Wagner. Was mir nicht schwerfällt, weil er mir eine Offenbarung war nach meinem klassischen Studium. Ohne die Expressivität und Dramatik seines «Tristan» gäbe es die Jazzharmonik nicht. Vieles in Wagners Musik ist unerklärbar und offen – wie im Jazz, der in seiner Harmonik eine spätromantische Musik ist. Ich habe mir vorgenommen, an den Festspielen Zürich andere ausgewählte Konzerte hören zu gehen, obwohl ich alles von Wagner auf CD habe.

Wagner-Neulingen, die mit dem deutschen Epos etwas Mühe bekunden, empfehle ich als Einstieg übrigens «Tristan und Isolde» oder «Lohengrin». Mein Konzertsommer besteht aber nicht nur aus Wagner. Sehr gerne hätte ich Prince am Montreux Jazz Festival besucht – ein anderer Musik-Gigant. Leider ist das Konzert ausverkauft. Wenn ich die Zeit finde, werde ich ins Emmental an die Langnau Jazz Nights reisen, ein ganz tolles sommerliches Musikfestival. Zur Erholung brauche ich natürlich auch Abstand von der Musik, die mich im Alltag ja stets umgibt. Ich lese sehr gerne, zurzeit «Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik» von Friedrich Nietzsche. Ein fantastisches Buch zur Musik von Richard Wagner aus der Zeit, als sich die beiden noch nicht entfremdet hatten. 

Als sehr erholsam empfinde ich Museumsbesuche. Ich liebe Museen, denn da bleibt die Zeit stehen. Ich besuche regelmässig die Ausstellungen im Kunsthaus Zürich oder im Beyeler Museum in Riehen bei Basel. Dort sitze ich zuweilen auch nur auf dem Sofa und geniesse die Sicht ins Weite. In Basel fühle ich mich nach wie vor ein bisschen zu Hause, obwohl ich seit Jahren in Zürich lebe. Hier ist das kulturelle Angebot grösser, Basel hat dafür eine grosse kulturelle Tradition. In Zürich bin ich zum fleissigen Theatergänger geworden: Ich gehe oft ins Schauspielhaus, wo ich als Musiker auch schon engagiert wurde. Durch meine Mutter, die Schauspielerin war, habe ich seit jeher eine Beziehung zum Theater. Ich mag aber eher die «klassische» Bühnensituation; Events wie das Theaterspektakel sind nicht so meine Sache. Was leider etwas zu kurz kommt, sind Kinobesuche. Immer wieder verpasse ich Filme, die ich dann auf DVD oder Youtube nachschaue. Als Letztes sah ich «Dancer In The Dark» mit Björk, ein Film, der unter die Haut geht. Es können auch leichtere Sachen sein wie der schwarz-weisse Berlinfilm «Oh, Boy». Den hab ich noch nicht gesehen, er ist mir aber empfohlen worden. Erholsam und zugleich anregend ist es auch, zu Hause in Ruhe ausgewählte Vinylplatten aufzulegen. Das müssen nicht alte Scherben sein, als Letztes hörte ich «Iri’s Blues», das neue Album des katalanischen Drummers und Pianisten Jorge Rossy. Er hat mir die Vinyl-Edition kürzlich geschenkt.»

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Kaffee mit Jean-Paul Brodbeck || SRF, 18.10.2009

Er ist Basler und Jazzpianist mit nostalgischen Zügen. Jean-Paul Brodbeck adaptiert Balladen von Tschaikowski und trifft damit den sehnsüchtigen Ton der Romantik. Oder er lässt sich für sein neuestes Projekt «Hang on Hippie» von den 1970er-Jahren inspirieren.

Wie das so ist mit der Rückschau und der Gegenwart, erzählt er beim Kaffee, ohne den gar nichts geht.

von JODOK HESS