SONG OF TCHAIKOVSKY – none but the lonely heart || Passauer Neue Presse, Oktober 2008

Passauer Neue Presse, Oktober 2008
http://www.pnp.de

Für den Konsumenten ist es immer wieder erstaunlich, wie viele hochtalentierte Musiker es gibt, die sich mit Leidenschaft dem Studium von Klassik und Jazz hingeben und es schon in jungen Jahren zu großartigen Leistungen in beiden weiten Feldern bringen. Mit Anfang 30 romantische Lieder aus dem vorletzten Jahrhundert mit der Abgeklärtheit eines gediegenen Jazztrios auf die Bühne zu bringen, dazu gehört eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein. Dem Schweizer Pianisten und Komponisten Jean-Paul Brodbeck sieht man das Selbstbewusstsein an, wenn er sich im Passauer Scharfrichterhaus an den Flügel setzt, sich weit zurücklehnt, in sich geht und mit ausgestreckten Armen eine Tschaikowksy-Melodie anstimmt. Sein Selbstverständnis als moderner, in Raum und Zeit globalisierter Musiker ist Brodbeck auch anzuhören, wenn er seine Fassung der „Pathétique“ für Jazztrio als „Tune“ ansagt oder die Romanze „Warum sind die Rosen so blass“ als den „nächsten Song“. Bewundernswert ist auch die Leichtigkeit, mit der das Trio romantisches Material in quirlig tänzelnden Jazz überführt. Und noch manches mehr: Welch enorme Fingerfertigkeit Fabian Gisler am Kontrabass zeigt, wenn er swingende Rhythmen in rasante Läufe aufdröselt oder wie ein Jongleur die Melodie vom Klavier übernimmt und wieder abgibt. Wie feinfühlig der Schlagzeuger Andreas Pichler das Treiben seiner Kollegen mit schwirrendem Sound unterlegt. Und bewundernswert ist auch die dynamische Bandbreite des Trios zwischen Lyrik, coolem Jazz, atmosphärischen Spielereien und entspannter Barmusik. Spätestens die Zugabe, eine Wiederholung bereits gehörter Mach- und Spielart, macht dem Zuhörer deutlich, eben doch ein junges Trio gehört zu haben: auf bemerkenswert hohem Niveau angelangt und noch beneidenswert viel Möglichkeiten vor sich.

von Gabriele Blachnik