Züriberg Nr.43, 24.10.2013
Richard Wagner und das «Great American Songbook » müssen sich nicht widersprechen.
Jeden Dienstag spielt das Trio «Brodbeck/ Girod/Suter» in der «Raygrodski Bar» an der Sihlfeldstrasse Klavier, Bass und Schlagzeug mit Jean-Paul Brodbeck, Dominique Girod und Sheldon Suter. Anlässlich von «Jazz im Seefeld» präsentiert Jean-Paul Brodbeck diese Konstellation als «Hausband» in der guten Stube des Quartierzentrums am kommenden Mittwoch. Ihre Spezialität: Standard Songs aus dem «Great American Songbook», einer Sammlung der herausragenden Stücke amerikanischer Unterhaltungsmusik der 1930er bis 1960er Jahre.
Wagner in «Villa Wesendonck»
«Die Jazzszene individualisiert sich zunehmend. Es werden mehr und mehr Eigenkompositionen gespielt. Wir wollen dem Jazz-Handwerk treu bleiben, spielen das, was wir gelernt haben, und reichern es mit unseren Nuancen an. Das «Great American Songbook» ist ideal, um Stücke in ein modernes Licht zu rücken», erklärt Brodbeck. Dabei gebe es ein abgestecktes musikalisches Spielfeld, innerhalb dem die Band improvisiere. Jedes
Mal ergebe sich etwas Neues, bemerkt Brodbeck weiter. So kann selbst der Laie, wenn ihm denn Jazz nicht völlig fremd ist, populäre Stücke heraushören. Und es wird noch ein besonderes Highlight geben: Die Hausband wartet am Konzert bei «Jazz im Seefeld» mit einem speziellen Gast auf: Domenic Landolf, einem der grossen Tenorsaxofonisten unserer Zeit. «Die Hausband» besticht vor allem durch rhythmische und klangliche Vielfalt. Ihre Wandlungsfähigkeit stellte sie in diesem Sommer für einmal mehr unter Beweis. Im Rahmen der «Zürcher Festspiele» bot das Trio unter dem Titel «Wagner meets Jazz» ein Bouquet der besonderen Art. Für Brodbeck bedeutete Wagner seit jeher Inspiration: «‹Tristan und Isolde› beinhaltet wesentliche Bestandteile der Jazzharmonik.» Und so war es naheliegend, für ein Konzert in der geschichtsträchtigen «Villa Wesendonck » ein Programm aus Jazz und den «Wesendonck-Liedern» zu arrangieren, das sich dem Publikum als gelungene Symbiose darbot.
Session mit Lionel Hampton
Bereits mit 15 Jahren wurde der 1974 geborene Basler Jean-Paul Brodbeck von Lionel Hampton auf die Bühne geholt. Man kannte sich, da der Schlagzeuglehrer von Brodbecks Bruder ein guter Freund Hamptons war. Jean- Paul Brodbeck besuchte regelmässig seine Konzerte. Eines Abends wurde er von Hampton im Konzertsaal wiedererkannt – seiner «New York Yankee Mütze» sei Dank, die zu dieser Zeit sein Markenzeichen war – und spontan auf die Bühne zum Jammen geladen. «Komm Kleiner, spielen wir!» Auf Jazz-Unterricht bei Hans Feigenwinter folgte ein klassisches Klavierstudium am Konservatorium Basel bei Peter Efler, wo er 1995 das Lehrdiplom mit dem Prädikat «sehr gut» erwarb. In den verschiedensten Formationen stellte Brodbeck seine stilistische Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Zudem ist er Dozent an der Musikhochschule Luzern, wo er Klavier und Ensemble unterrichtet. 2011 erhielt Jean-Paul Brodbeck ein sechsmonatiges Atelier-Stipendium der Stadt Zürich in New York. Diese Zeit inspirierte ihn massgeblich für sein neues Album «A different mind», das mit seiner Leichtigkeit besticht, ohne dabei an Vielseitigkeit einzubüssen. «Die Art und Weise, wie man über Musik nachdenkt, verändert sich in dieser Jazzmetropole. Viele der besten Jazz-Musiker sind in New York. Die Konkurrenz ist inspirierend. Und auch wenn Miles Davis und Charlie Parker nicht mehr durch die Strassen laufen – ihr Geist ist geblieben und inspiriert Musiker aus der ganzen Welt.»